Im Rahmen des Investitionsprogramms „Nationale UNESCO-Welterbestätten“ wurde 2009-2011 eine internetbasierte Informationsplattform für die 1925-1930 von Bruno Taut, Martin Wagner, Landschaftsarchitekt Leberecht Migge und Gartenamtsleiter Ottokar Wagler entworfene Hufeisensiedlung in Berlin-Britz entwickelt. Sie ist Gegenstand der als Beamer-Vortrag mit Live-Vorführung einzelner Inhalte geplanten Veranstaltung.
Geschichte, Bedeutung und Besonderheiten der Hufeisensiedlung
Bereits seit 1986 steht die Hufeisensiedlung als Ensemble unter Denkmalschutz. 2008 wurde sie gemeinsam mit fünf weiteren Berliner Siedlungen in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen und 2010 zum Gartendenkmal erklärt. Die Anlage rund um den zentralen hufeisenförmigen Bau von 350 Metern Länge, umfasst 1.285 Wohngeschosseinheiten, mehrere öffentliche Freiflächen sowie 679 Reihenhäuser mit je einem kleinen Garten. Aber nicht nur Bedeutung und Größe der Siedlung sind besonders, sondern auch die seit einigen Jahren sich stetig differenzierende Eigentümerstruktur: 1998 erfolgte der Verkauf der ehemals städtischen Wohnungsbaugesellschaft GEHAG. Im Zuge der Privatisierung wurde seitdem der Großteil der denkmalgeschützten, das Straßenbild bestimmenden Reihenhäuser an private Eigentümer veräußert. Damit liegt heute die Verantwortung zur Erhaltung des Ensembles nicht allein bei dem Rechtsnachfolger der GEHAG, der weiterhin als alleiniger Inhaber der Geschosswohnungsbauten fungierenden Deutsche Wohnen AG, sondern auch bei mehreren Hundert privaten Einzeleigentümern.
Ein Portal für Bürger und Behörden
Die Idee zu der Denkmalschutz-Datenbank entstand im Kreise des 2007 gegründeten und sich für Denkmalschutz, Kultur und das soziale Miteinander lokal engagiernden Vereins der „Freunde und Förderer der Hufeisensiedlung Berlin-Britz“ (FFHBB e.V.). Das wenig später von dem vor Ort lebenden Designer Ben Buschfeld für den Verein erstellte Konzept einer „Internetbasierten Informationsplattform“ als Hilfestellung und Datenpool für Bürger und Behörden überzeugte das Berliner Landesdenkmalamt sofort und konnte dann ab 2009 im Rahmen des vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung aufgelegten Programms „Nationale UNESCO-Welterbestätten“ schrittweise umgesetzt werden. In der eine neue benutzerfreundliche Form der Vermittlung erprobenden Website www.hufeisensiedlung.info werden sämtliche Informationen zum dem (als Leitbild dienenden) bauzeitlichen Zustand der Häuser, Wohneinheiten sowie zugehöriger Frei- und Gartenflächen in detaillierter Form abrufbar gemacht.
Bestehende Gutachten mediengerecht aufgearbeitet und erweitert
Die beiden bereits 1985/86, 2003 und 2007 mit denkmalpflegerischen Gutachten beauftragten Büros von Winfried Brenne Architekten und Landschaftsarchitektin Katrin Lesser haben im Zuge des Programms gemeinsam mit Buschfeld sämtliche Pläne, technischen Details sowie alle Material-, Farb- und Pflanzangaben digital zusammengetragen, neu zugeordnet, bewertet und passend für das neue Vermittlungskonzept mediengerecht aufbereitet. Auf dieser Grundlage entstand ein Instrument, das die erstaunlich zahlreichen bauzeitlichen Varianten und Details der bestehenden Häuser- und Wohnungstypen hausnummern-individuell präzise erfasst und für jedes Gebäude detaillierte Informationen zur fachgerechten Instandsetzung der Fassaden, Dächer, Fenster, Eingängen sowie baulichen Details und Farbigkeit bereit hält. Auch die einheitlich zu erhaltenden Elemente der Garten- und Straßenbepflanzung sowie alle denkmalpflegerisch genehmigungsfähigen und energetisch empfehlenswerten Ertüchtigungen einzelner Bauteile werden erfasst.
Präzise Informationen per Mausklick
Das Konzept sieht vor, dass Benutzer über eine Sucheingabe mit wenigen Klicks genau die fachgerecht aufbereiteten Informationen aufrufen können, die sie bzw. von ihnen eventuell beauftragten Handwerksfirmen benötigen, um etwa ein Fenster in den Originaltönen streichen oder es energetisch optimieren und denkmalgerecht nachzubauen zu lassen. Alle Informationen können auch ausgedruckt oder im Rahmen eines Antrags oder Leistungsverzeichnisses als PDF gespeichert und versendet werden. Darüber hinaus können über das Medium Internet neue Erkenntnisse einfach aktualisiert sowie im Kontext von Entwurfsprinzipien und Informationen zur Geschichte der Siedlung anschaulich vermittelt werden. Aus datenschutzrechtlichen Gründen ist der verfügbare hausnummerngenaue Zugang zum Datenbankteil leider nicht öffentlich zugänglich frei geschaltet, sondern den Behörden vorbehalten. Er bietet jedoch im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Antrags- und Genehmigungsverfahren bereits jetzt eine Hilfestellung in der Kommunikation aller beteiligten Personen, Firmen und Ämter. Für die allgemeine Öffentlichkeit stehen zwei Beispielhäuser online, an denen sich die Art und der Detailreichtum der vorliegenden Pflegepläne ablesen und für eigene Anfragen orientierend nutzen lässt. Eine allgemeine Freischaltung der kompletten Datensätze auf Basis eines Widerspruchs- oder Zustimmungsverfahrens wird vom Verein stark propagiert und von amtlicher Seite erwogen.
Projekte in „Public-Private-Partnership“
Die Projektsteuerung der Gesamtentwicklung wurde vom Verein der „Freunde und Förderer der Hufeisensiedlung Berlin-Britz“ übernommen, der während des Entstehens der Website insgesamt vier große Informationsveranstaltungen für die Bewohnerschaft organisierte und auch mit als Betreiber des Veranstaltungsortes agiert. Seit Februar 2010 ist die so in „Public-Private-Partnership“ entstandene, und von Verein und Landesdenkmalamt herausgegebene Informationsplattform online. In einem zusätzlich eingerichteten, von Buschfeld ehrenamtlich ergänzten Forumsbereich sowie und dem Vereinsbereich können sich die Bewohner der Siedlung über Originalbauteile, geeignete Handwerker, Pflege- und Pflanztipps oder vom Verein organisiserte Veranstaltungen austauschen. Auch Sammelbestellungen oder hausübergreifende Renovierungsarbeiten sollen so angeregt und initiiert werden.
Café und Ausstellung in der Infostation Hufeisensiedlung
Der Vortrag findet in den Räumen der Infostation der Hufeisensiedlung im nordöstlichen Kopfbau des Hufeisens an der Fritz-Reuter-Allee 44 statt. Die im Hochparterre gelegene Wohnung mit zur Straßenfront gelegenem, bereits zur Bauzeit angegliedertem Ladenlokal wurde 2010 von der Deutsche Wohnen AG, und ko-finanziert mit Mitteln des Programms Nationale Welterbestätten, in den Originalfarben restauriert und denkmalgerecht wieder hergestellt. Sie beherbergt seit 2012 eine Ausstellung zur Geschichte und Gegenwart der Siedlung und Ihrer Bewohner. Die vom Referenten im Auftrag der Deutsche Wohnen AG textlich und gestalterisch erstellte Ausstellung beschreibt die architektonische und städtebauliche Bedeutung der Großsiedlung Britz und beleuchtet auch die relevanten politischen Hintergründe, gesellschaftlichen Umbrüche, Ideen und Herausforderungen der Lokalgeschichte zwischen 1900 und heute. Die Ausstellung zeigt über Hundert historische oder aktuelle Fotografien, Pläne und Dokumente. Sie ist nach Themen gegliedert und angelehnt an den grafischen Stil der 1920er Jahre gestaltet. Kurze Biografien der Planer sowie berühmter Bewohner (etwa Erich Mühsam oder Heinrich Vogeler) sowie jeweils ein kurzer Steckbrief zu den anderen fünf Welterbesiedlungen runden das Bild ab. Café und Ausstellung werden vom Verein und dem auf Stadtführungen spezialisierten Architekturbüro Ticket B gemeinsam betrieben. Eine Führung durch die Ausstellung im Anschluss an den Bildvortrag sowie Diskussionen und Gespräche sind vorgesehen.
Informationen zur Veranstaltung
- Termin: Mittwoch, der 9.10. um 18 Uhr
- Ort: Infostation Hufeisensiedlung, Fritz-Reuter-Allee 44, 12359 Berlin-Britz
- Nahverkehr: Linie U7, Bhf. Parchimer Allee oder Blaschkoallee + Bus M 46
- Veranstalter: Freunde und Förderer der Hufeisensiedlung e.V. / Ben Buschfeld
- Anmeldung über auftrag-at-kulturspionage.com
Links zu den beteiligten Partnern und Unternehmen